Villon – Balladen und Lieder
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Die Ballade einem Barbier

Die Ballabe von einem netten kleinen Barbier

¶ Er war, wie ich, sagt man, ein Bösewicht. Ich aber sage euch: das gibt es nicht, daß noch ein andrer so berühmt sein kann wie ich. Ihr tut ihm Unrecht, dem Barbier. Er war in jedem Fall ein Edelmann und gab statt drei Dukaten, lieber vier, wenn er an einem Mädchen seine Freude fand, der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.

¶ In seiner Jugend hatte er nur das, was er beim Baden sah im Spiegelglas Im Sommer war der Wald sein Nachtgemahl, und nährte ihn mit Wurzelwerk und Tau. Und auch im Winter war es ihm egal, ob er im Fuchsloch oder Ziegelbau für seinen Kopf ein warmes Lager fand, der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.

¶ An einem breiten Fluß sah er ein Schiff gestrandet wie auf einem Felsenriff. Er hat es lott gemacht und wollte gleich ins weite Meer hinaus, und fand sie nie, die grüne Insel auf dem großen Teich nur Wind, der wild nach seinem Leben schrie, weil er den Kniff beim Segeln nicht verstand, der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.

¶ Auch das erfuhr er früh, daß in der Stadt nicht jeder gleich ein stolzes Reitpferd hat. Da wurde er der letzte Knecht im Stall und hat sich den Betrieb erst angesehn, und konnte gleich dem ersten Sündenfall in seiner armen Haut nicht widerstehn, weil er das Stehlen ganz natürlich fand, der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.

¶ Und als er immer kühner wurde, und auch mit dem Messer stach, der freche Hund, hat ihn der Club zum Hauptmann auserwählt. Da war er im lateinischen Quartier wohl nur zum Schein ein hurtiger Barbier und hat die Männer alle abgekehlt, die man am Fluß mit leerer Tasche fand, der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.

¶ Und als er seinen Lohn dafür bekam und hängen sollt am Platz von Notre Dame: da haben sich die Frauen aus der Stadt zum Bürgermeister auf den Weg gemacht und taten schließlich auch das Feigenblatt noch ab, und sagten, daß er jede Nacht bei ihnen war, der da beim Henker stand, der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.

¶ Da hat der Rat ihm nur das Fleisch verbrannt mit einem Schimpf, und in den Wald verbannt. Und wenn ihr glaubt, daß er schon längst vor Qual verhungert ist, habt ihr noch immer nicht gemerkt, daß man im Wald auch ohne Licht die Haselnüsse pflücken kann, zumal er diese Liebe noch viel schöner fand, der kleine Herr Ranunkel aus Brabant.

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