Die Liebesballade für Leylah

Die Liebes-Ballade für ein kleines Zigeunermädchen namens Leylah

¶ Als man mich verstieß ins Unbekannt, warst du, schwarzes Tier, mein Vaterland. Leg mir deine Wurzelhand aufs Haar schenk mir deinen roten Muschelmund: daß ich herrenloser Straßenhund wieder weiß, was ich vor Jahren war Dichter manchmal, manchmal auch Soldat, den die Welt wie einen Wurm zertrat.

¶ Viele Tiere sind mit rotem Blut durch mein Ich geschwommen, bis die Flut überlief von mir. Wer kann dafür, daß er nicht in jeden Stiebel paßt?! Wenn ich jetzt den Menschen so verhaßt und verekelt bin wie ein Geschwür — : Kleines schwarzes Luder du, komm her deine Liebe wiegt jahrtausendschwer.

¶ Waisenkinder sind wir beide jetzt, angespien und herumgehetzt. Aber unser Blut ist noch so rot, daß wir tanzen müssen, wenn es wild durch die Adern rinnt, und, nie gestillt, uns im Traum noch quält bis auf den Tod. Bei dem lauen Wind der Mitternacht, hab ich dir im Kraut ein Bett gemacht.

¶ Sieh, jetzt kommt aus dem Holunderstrauch schon der Mond und will auf deinem Bauch auch einmal die Nacht zu Hause sein. Gib ihm ruhig alles hin was du auf dem Leibe hast... Villon sieht zu, wie du in dem blanken Silberschein, in den weißen Anemonen da schöner aufblühst, Stern von Afrika!

¶ Stern, der mir noch manche Sommernacht leuchten möchte, mir zum Glück gemacht. Über uns ist nur das Laub erbaut mit den weißen Lämmerwolken drin. Und das Gras, das reicht uns bis zum Kinn, bis auch unsere Leiber sich zu Kraut schon verwandelt haben… hier im Wald: du und ich schon ein Jahrtausend alt.

¶ Hier von aller Kümmernis entflohn, ist auch dieser Wald ein Gottessohn, der die Hände uns zusammenlegt. Und wie manchmal aus dem grauen Staub auferhoben wird das rote Laub: treiben wir, vom Morgenwind bewegt, durch die breiten Flüsse in das Meer, wo kein Grund mehr ist und keine Wiederkehr.

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