Villon – Balladen und Lieder
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  • Die Galgen⸗Ballade, die Villon ſeinen Freunden zum Abſchied gedichtet hat*
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Die Galgenballade

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Last updated 6 years ago

Die Galgen⸗Ballade, die Villon ſeinen Freunden zum Abſchied gedichtet hat

¶ Ach, Brüder, laßt uns hier nur ruhig schweben am langen Strick. Wir haben sowieso von diesem Hundeleben den Hals bis oben voll gehabt. Wir haben nie, wie ihr, in einem weißen Bett gelegen, wir lagen Nacht für Nacht im schwarzen Regen, vom Wind zerfressen und vom Wurm zerschabt. Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit, ist auch der Teufel nicht mehr weit.

¶ Da strecken wir so durstig schon die großen Zungen und von dem milden Mondlicht eingesungen, schwimmt eine weiße Wolke um den Wald. So viele Sommerjahre haben wir den Magen mit Erde nur und Laub uns voll geschlagen, da wurde auch die Liebe kalt und alt. Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit, ist auch der Teufel nicht mehr weit.

¶ Aus unseren abgewürgten Hälsen manchmal pfeifen die bösen Träume noch und wollen nicht begreifen, daß auch die runde Welt ein Ende hat. Es grünen Disteln schon und Nesseln in den Eingeweiden, die mögen wohl den Wurm gut leiden weil er so weiß ist und so glatt. Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit, ist auch der Teufel nicht mehr weit.

¶ Weshalb soll uns am Ende gar der Teufel holen? Wir haben keinem Armen was vom Geld gestohlen und auch dem König macht es keinen Spaß, der bleibt viel lieber bei den Schnäpsen und Lampreten, läßt in der Kirche für sein Wohlergehen beten und legt sich zu dem weißen Reh im Abendgras. Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit, ist auch der Teufel nicht mehr weit.

¶ Nun wir mit unserem Fett schon in der Sonne braten, ihr Brüder, denkt an eure eigenen Missetaten, die wird man nicht so leicht mit Bibelsprüchen los. Es fällt sehr bald ein Schnee auf eure Haare, dann liegt ihr auch auf einer schwarzen Bahre so klein und häßlich wie im Mutterschoß. Wenn erst im Wald die Eule dreimal schreit, ist auch der Teufel nicht mehr weit.

Notwendige Nachſchrift

¶ Und als er um die Mitternacht kam angeritten, der schwarze Teufel aus dem Höllenreich, da hat man grad die Schelme abgeschnitten und warf sie schnell den Fischen hin im Teich.

Eine kleine Zugabe ſtiftet Villon zum Abgewöhnen

¶ Ein schwarzer Efeu frißt sich tief in meine Wand hinein. Ich hänge schief vom Mond herab. Ich rinne hin zum Schleim des Wurms. Ich wurme auch. Und wachs herauf aus einem neuen Bauch noch wilder als ich bin.

* Zweite, von G. Paris mitgeteilte Fassung der Ballade von den Galgenbrüdern.

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