Die Sommerballade

¶ Lovize die stand am Herd den langen Tag und ihr Gesicht war schon ganz schwarz vom Rauch. Und wenn sie nachts auf ihrem Strohsack lag, da war sie müd und ausgehungert auch. Sie war nur armer Leute Waisenkind und wollte lieber sein ein Baum im Sommerwind.

¶ Und als ein Herr sie stehen sah am Herd so schwarz vom Rauch verwandelt das Gesicht, da war sie ihm wohl die Dukaten wert für eine Nacht; sie aber mochte nicht. Sie war nur armer Leute Waisenkind und wollte lieber sein ein Baum im Sommerwind.

¶ Da sagte ihr der Herr, daß sie ihm bald sein Weib möcht sein und ganz in Seide gehn. Er hatte auch ein schönes Schloß im Wald, da brauchte sie nicht wieder von ihm gehn. Sie war nur armer Leute Waisenkind und wollte schöner noch als Bäume sein im Sommerwind.

¶ Und in dem Haus da färbte ihr Gesicht sich wie der Hauch auf einem Rosenblatt. Und viele Wochen lang verstand sie nicht, wozu der Herr den Mann erschaffen hat. Sie war nur armer Leute Waisenkind

und wollte lieber sein ein Baum im Sommerwind.

¶ Der Sommerwind ging hin mit Kriegsgeschrei und färbte in der Nacht den Himmel rot. Und in der Schlacht war auch ihr Mann dabei, sie wußte nicht wohin mit ihrer Not. Sie war nur armer Leute Waisenkind und wollte wieder sein ein Baum im Sommerwind.

¶ Im Feld lag mancher Reiter schon verweht wie rote Blätter vom vergangnen Jahr In ihrem Herzen drin war kein Gebet. Nur wie der Schnee so weiß war jetzt ihr Haar Sie war nur armer Leute Waisenkind und wollte schöner noch als Bäume sein im Sommerwind.

¶ Der Sommerwind kam Jahr um Jahr zu ihr und öfter noch die Männer, die sie rief. In ihrem Blut, da schrie ein wildes Tier, und in dem Herzen drin die Liebe schlief. Sie war nur armer Leute Waisenkind und wollte lieber sein ein Baum im Sommerwind.

¶ Und als ihr Leib so fruchtbar wie ein Baum gesegnet war, da ging sie in den Fluß und machte mit dem alten Sommertraum und ihrer grauen Armut endlich Schluß. Sie war nur armer Leute Waisenkind und wollte nie mehr sein ein Baum im Sommerwind.

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